Ärzte und Vereine dürfen sterbewilligen Schwerstkranken wieder straffrei Beihilfe zur Selbsttötung leisten. Das hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe heute, am 26. Februar 2020, entschieden. Die Richter erklärten den umstrittenen Paragrafen 217 des Strafgesetzbuchs (StGB) für verfassungswidrig und damit für nichtig. Das bereits bei seiner Einführung im Jahr 2015 umstrittene Gesetz bestraft die sogenannte „geschäftsmäßige“ Sterbehilfe mit bis zu drei Jahren Haft. Der Koordinierungsrat säkularer Organisationen (KORSO) begrüßt das Urteil als wegweisende Entscheidung zugunsten der Selbstbestimmung am Lebensende:
„Das ist eine gute Nachricht für Menschen am Ende ihres Lebens, also früher oder später für uns alle. Die durch das nun gekippte Gesetz entstandene absurde Situation, dass gerade am Lebensende professionelle Unterstützung wegen Strafandrohung versagt bleiben musste, ist nun beendet. Dies gibt Menschen ein Stück Würde zurück, wenn sie bewusst und ohne äußeren Druck über die Entscheidung nachdenken, ihr Leben zu beenden und dafür professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen“, so der KORSO-Vorsitzende Dr. Rainer Rosenzweig in einer ersten Stellungnahme.
Das Recht auf selbstbestimmtes Sterben schließe die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und dabei Angebote von Dritten in Anspruch zu nehmen, stellte Andreas Voßkuhle, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, bei der Urteilsverkündung klar.
Auch angesichts der Tatsache, dass sich 80 Prozent der Deutschen mehr Selbstbestimmung am Lebensende wünschen, war die Anpassung der Rechtsvorschriften überfällig. Das Urteil eröffnet den Weg für Beratungs- und Hilfsangebote. Der KORSO begrüßt alle Initiativen aus dem säkularen Spektrum, die Menschen dabei helfen, ihr Lebensende würdevoll und nach ihren eigenen Vorstellungen zu gestalten – und zwar mit professioneller Unterstützung nach höchstem medizinisch-wissenschaftlichen Standard.
Hintergrundinformationen:
Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts:
„Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung verfassungswidrig“
Weitere Stellungnahmen von KORSO-Mitgliedsverbänden zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26.02.2020:
Außerordentlich schnell (zu schnell?) hat der HVD Ziele für die Suizidhilfe in Deutschland vorgelegt.
Warum – weil dies das BVerfG-Urteil nahelegt?
Das ist wie vor 2015 völlig überflüssig.
Ich benötige das nicht:
Mein Ende gehört mir!
Erfreulich und notwendig, dass der KORSO hierzu Stellung nimmt.
Das ist ein kleiner Sieg, aber der Kampf um Selbstbestimmung ist garantiert noch nicht zu Ende!
Ich befürchte Werbeverbote für Sterbehelfer (wie für Abtreibungs-Arztpraxen!), endlose Beratungsvorgaben, Verbote für Demente u.V.a.m.; inkl. (gegen die geltende Rechtslage!) weitere Weigerung Spahns, z.B. Pentobarbital an Sterbewillige abzugeben. Die (auch religiöse) Reconquista formiert sich gerade…
Es klingt grotesk – ist aber eines Rechtsstaats unwürdig!
Dem KORSO weiterhin gutes Gelingen!